Variabler Sound zwischen melodiösem Techno und Ambient

Music Review – Review mit Interview

Variabler Sound zwischen melodiösem Techno und Ambient

Benfay ist einer der variabelsten Künstler auf Thinner. Neben seinen Mastering-Jobs für das TechDubHouse-Label arbeitet er in der Kernmannschaft des Berner Real Audio Netlabels. Und wenn er nicht zur Entspannung auf Berge kraxelt, dann arbeitet er entweder in einer Open Source Firma oder produziert ein eigenes Album. Wir haben reingehört und Benfay zu seinem neuen Album befragt...

Benfay gehört nicht nur zur Kernmannschaft von Thinner, sondern ist auch einer der treibenden Kräfte hinter dem Berner RealAudio-Netlabel. Heute arbeitet der Musiker, der Bass studiert hat, in einer Firma, die sich wie er selbst Open Source auf die Fahne geschrieben hat.

Der Wahl-Schweizer hat in der Vergangenheit einige derbe und rockende Detroit-Tracks für das Thinner-Netlabel produziert. Mit seinem neuen Album jedoch stößt er ganz neue Türen auf. Wie Yin und Yan hat das Album zwei scharf getrennte Seiten, die sich doch beim genaueren Zuhören verzahnen.

Während die ersten sechs Tracks schöne Club-Tracks zum Körper-Swingen sind, schwebt Benfay in der zweiten Hälfte ambient durch den Raum und lässt auch mal die Finger jammend über die Tastatur fliegen. Zwar hätte ich es ein bisschen besser gefunden, wären die Tracks ineinander geschoben und Club mit Ambient verschmolzen, aber die strikte Trennung ist Konzept. Und so liegen einem eigentlich zwei Mini-EPs auf einmal vor.

Trotzdem wächst das Album mit jedem Hören. Selbst die Club-Tracks entpuppen sich als verspielte und überraschenderweise smoothe House-Musik mit sehr sphärischem und relaxtem Flavour. Man merkt dem Album die lang-jährige Erfahrung des Musikers an. Neben schönen unaufdringlichen Sound-Spielereien, atmet das Album vor allem von variantenreichen Drehungen.

A Must-Download. (mo.)

Benfay

Interview: Ein paar Fragen an Benfay…

Wie lange hast Du an Deinem neuen Album gesessen? Wieviel Zeit nimmst Du Dir für einen Track?

Das kommt sehr darauf an. Es kann sein, dass ich in einem Tag einen Track so hinkriege, wie ich ihn haben will, meistens allerdings arbeite ich über längere Zeit an einem Track. Es kommt auch vor, dass ein Track erst nach wochenlangen Pausen und intensiven Arbeitsphasen fertig wird.

Dein Album kann man natürlich wie alle anderen Thinner-Releases kostenlos aus dem Internet saugen. Tut Dir das nicht manchmal weh, dass Du Deine Musik einfach so auf eine Plattform stellst, und andere bedienen sich?

Wehtun ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Es ist vielmehr ein Staunen über die Sorglosigkeit vieler “User”. Sie scheinen oft zu vergessen, dass auch ein Künslter am Ende des Monats seine Miete bezahlen muss. Das klingt nun bestimmt etwas moralisch, ich meine das nicht so. Es ist vielmehr eine Feststellung.

Warum hast Du die Tracks auf Deinem Album so scharf in zwei Hälften getrennt? Wäre es nicht interessanter für den Hörer gewesen Club-Musik gemeinsam mit Ambient-Tracks zu shufflen, um ein etwas abwechslungsreicheres Tracklisting zu erreichen?

Die scharfe Trennung ist sicherlich etwas Autobiografisch. Beispielsweise gehe ich soviel ich kann ich die Berge klettern, schlafe im freien und wasche mich tagelang nicht ;), andererseits sitze ich sehr viel vor dem Computer in einer klinisch sauberen Umgebung und programmiere. Trotzdem bin ich immer ich. Und so ist das auch mit meiner Musik.

Viele Deiner vorherigen Releases waren deutlich Detroit-inspiriert. Dein Sound ist mittlerweile vielfältiger, aber auch definitiv weicher und smoother geworden. Wie kommt das?

Ich habe viel John Tejada gehört zu der Zeit in der z.B. “Warm Home” entstanden ist. Das Dunkle meiner frühen Sachen hat mich mit der Zeit gelangweilt und beim Auflegen dieser Tracks haben die Leute oft nicht wirklich getanzt. Ich wollte dann einfach freundlicher werden. Seit kürzester Zeit haben es mir die gebrochenen Beats angetan. (Zum Beispiel mein neuster Track “Magnum” auf www.benfay.com)

Du selbst arbeitest in einer Firma, die Open Source Software herstellt und vetreibt. Normalerweise verdient eine solche Firma durch Ihren Support und Ihren Service nicht durch den Verkauf der Software. ähnlich ist es bei Thinner. Die Musik als Software kann frei heruntergeladen werden und der Service in Form von Live-Auftritten könnte Geld in Deine Künstler-Kasse spülen. Funktioniert das?

Ja es funktioniert, aber es könnte besser sein. Ich denke viel darüber nach und komme nicht wirklich zu einem Schluss. “Was nichts kostet, ist nichts Wert.” Dieser Satz, so falsch er auch sein mag, bewirkt eine Art Lähmung bei den Menschen. Bis gar nichts mehr geht. Totale Verwirrung ist die Folge. Zudem ist es für einen Veranstalter nicht sonderlich wichtig wieviele Downloads ich weltweit habe, sondern wieviele Leute aus der Region meine Musik mögen, sprich ob ich eben ein Publikumsmagnet bin für seinen Club oder nicht. Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Entwicklungen hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten mt “frei downloadbarer Musik”.

Bekommst Du Reaktionen von Zuhörern und Fans auf Deine Veröffentlichungen? Wenn ja, wie sehen die aus? Gibt es da eine nette Geschichte?

Als mein Freund C. von einer Expedition aus dem Himalaya zurückkehrte und mir sagte, wie sehr er die unendlich langen Tagesmärsche mit meiner Musik im Player genossen hat, da war ich ziemlich erstaunt und musste vor Freude lachen.

Danke für das Interview :)


Netlabel: Thinner
Music Category: ELECTRONIC MUSIC
Style: netaudio benfay techno dub techno ambient

Author: Moritz »mo.« Sauer

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