auflegware - Mission: Alternativer Musikvertrieb

Interview › Interview mit Netlabel auflegware

auflegware - Mission: Alternativer Musikvertrieb

auflegware gehört zu den Netlabels, die nicht nur einfach frei Techno- und House-Musik im Web veröffentlichen, sondern sich engagiert um ein erfolgreiches Internetmarketing kümmern.

Dazu gehören neben den üblichen Plattformen wie Facebook, MySpace und Twitter auch Videos auf YouTube und ein Label-Management auf last.fm. Aber nicht nur dadurch hebt sich auflegware von anderen Netlabels ab, wie die Gründer Janko und Dierk im Interview berichten.

“Es ging uns von Anfang an darum, cluborientierte, tanzbare Musik zu präsentieren und vor allem junge unbekannte aber nicht weniger schlechte Künstler zu unterstützen und diese nach vorn zu bringen.”

Wie kam es dazu, das Netlabel zu gründen?

Dierk: Janko und ich entdeckten irgendwann gemeinsames Interesse für Musikproduktion die in Richtung Electro ging und außerdem die Vorliebe für alte Kultcomputer wie C64 und Atari. Und da wir beide in früheren Jahren mit diesen Geräten und damals üblichen Trackerprogrammen wie Fasttracker herumexperimentiert hatten, suchten wir nach neuen wegen der Musikproduktion.

Janko hatte die bessere musikalische Grundausbildung, ich hingegen war als DJ in den Clubs aktiv. Mit dem Projekt PussyPalast versuchten wir dann unser musikalisches Interesse zu vereinigen. Da fällt mir auch noch einer unseren wenigen Liveauftritte ein. Das war zu Jankos Geburtstag als wir quasi eine Mischung aus Deejay-Set und Livemusik performten, das war echt witzig.

Janko: Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als wir hin- und her überlegten, was wir mit unserer Musik machen. Es gab eine Menge an Songs und Ideen, die sich in den letzten Jahren angesammelt hatten. Mit auflegware haben wir versucht, einfach einen Schritt weiter zu gehen. Weg von den 8-Bit Atari Songs – hin zu tanzbaren und experimentelleren Tracks. Wie Dierk schon sagte, waren wir zuerst nur mit unseren eigenen Songs beschäftigt und veröffentlichten unter den Synonymen PussyPalast, Mathis Johnsen und Jan Kose.

Dierk: Außerdem suchten wir eine Plattform zur Veröffentlichung unserer Musik und fanden das Internet als die passende Plattform. Wir gründeten auflegware als Label, jedoch zunächst nicht explizit als Netlabel. Zu diesem Zeitpunkt kannten wir uns in der Materie noch nicht so gut aus. Dies kam dann erst mit der intensiveren Gestaltung des Labels. Durch unser Wissen in Sachen Internet/Marketing und Website-Gestaltung wurde auflegware schnell bekannt und nach 5 eigenen Releases öffneten wir es auch für andere Künstler.

Wer steckt hinter dem Label?

Janko: Die Hauptarbeit liefern Dierk und ich ab. Mittlerweile gibt es eine recht klare Verteilung der Dinge die getan werden müssen und jeder vertraut da 100-prozentig dem anderen. Während sich Dierk um alle musikalischen Belange sowie die Koordination kümmert, bin ich hauptsächlich für Internet/Marketing und Design sowie Artworks zuständig.

Außerdem haben wir noch ein paar Freunde, die mehr oder weniger stark in die Labelarbeit integriert sind. Daniel Schwarz aus Weimar war lange für Veranstaltungen des Labels zuständig bis er sich um eigene Soloprojekte widmete. Dann haben wir da noch unsere wunderbare Podcastsprecherin Yvonne Siebold aus Hamburg, die uns jedes Mal aufs Neue begeistert. Neuerdings an Bord auch Florian Füger aus Gera, der sich um das Verfassen von Release-Beschreibungen kümmert.

Dierk: Trotz der großen Entfernung zwischen Hamburg und Weimar klappt die Zusammenarbeit wirklich gut und ist professionell. Wir haben eine strukturierte Arbeitsweise die man auch als Workflow bezeichnen könnte.

Wie beschreibt Ihr Euren Sound?

Dierk: Wir wollen sicherlich vorrangig tanzbare Releases irgendwo zwischen House, Tech-House und experimentellen Sachen veröffentlichen. Wenn man sich die bisherigen Veröffentlichungen anhört, dann kann man da aber auch eine Entwicklung erkennen. Unser Sound war Anfangs sehr electrolastig und wurde dann etwas mehr kopflastiger mit Liebe zum Detail – man könnte auch deeper sagen.

Insbesondere Releases wie „The Hip Back EP“ von Anneke Laurent zeigen das deutlich. Ich denke, wir haben unseren Sound gefunden mit Künstlern wie Ryko, Geoff Bell, Peter Clamat, Thomas Marlow oder Cheslo. Wir streben danach, dass die Musik, die wir veröffentlichen, authentisch und irgendwie ehrlich ist. Es macht keinen Sinn etwas zu veröffentlich, nur um ein neues Release zu haben. Falls wir soweit schon sind, sagt uns doch bitte Bescheid.

Wodurch hebt sich Euer Netlabel von der Konkurrenz ab?

Janko: Vermutlicherweise gibt es da einiges. Wir besitzen z.B. umfangreiche Erfahrungen in Sachen Internet. Wir sind bei Facebook, Twitter und MySpace aktiv.\ Ein anderer Punkt ist, dass wir eben nicht auf Masse produzieren. Anders als andere Labels gab es in den letzten Monaten die Releases im 4 bis 5 Wochentakt. Diese sind meistens EP’s. Aber es gibt auch Veröffentlichungen von ganzen Alben und Compilations. Dafür brauchen wir natürlich etwas mehr Zeit, was die Vorbereitung und Promotion betrifft.

Dierk: Die Website ist der erste Anlaufpunkt eines jeden Netlabels, ja und wir haben eine gut aufgestellte Website und sind immer bestrebt diese zu verbessern. Außerdem werden unsere Release-Podcasts als MP3 und auf Youtube sehr gut bei den Fans angenommen. Es ist zwar ein Haufen Arbeit, aber man bekommt einen schnellen Überblick über die Musik und den Style. Ich glaube auch, dass wir einfach professionell arbeiten, das zeichnet uns aus und das sieht man auch in der Qualität und der Entwicklung des Labels.

Janko: Ach ja und wir haben einen unschlagbar schönen Namen.

Welche Mission verfolgt Euer Netlabel?

Dierk: Tja mit der Mission ist das so eine Sache. Dafür, dass das Label aus dem Bauch heraus gegründet wurde. Wenn man sich aber überlegt, was wir im Sinn hatten, dann wird auch klar, welche Mission wir haben. Es ging uns von Anfang an darum, cluborientierte, tanzbare Musik zu präsentieren und vor allem junge unbekannte aber nicht weniger schlechte Künstler zu unterstützen und diese nach vorn zu bringen.

Wenn man sich die Entwicklung eines Ryko oder Geoff Bell so anschaut, dann glaube ich, haben wir gute Arbeit geleistet. Da sind wir aber noch nicht fertig. Bei Label-Gründung waren wir auch noch davon überzeugt, dass Vinylveröffentlichungen das große Ziel sei. Allerdings, wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre so anschaut, würde ich diesen Weg eher als Special- oder Sonderedition gehen. Auflegware verfolgt die Mission des alternativen Musikvertriebswegs.

Welches besondere Erlebnis oder Ereignis verbindest Du mit Deinem Netlabel?

Dierk: Anfang diesen Jahres (2010) schaute ich mir wie jedes Jahr den de:bug Leserpoll an, unter anderem interessierten mich immer auch die Netlabel-Wahlen. Ich kaufte mir die Zeitung in Weimar im Hauptbahnhof und war völlig überrascht als ich auflegware auf Platz 3 wiederfand. Es war für mich ein Bestätigung unserer Arbeit und ein großer Ansporn. So was braucht man besonders, wenn man eine solche Arbeit quasi ehrenamtlich macht.

Janko: Letztes Jahr war ich auf einem Flohmarkt in Süddeutschland unterwegs. An einem Stand, bei dem es wunderschöne alte Gitarren gab, kam ich zufällig mit einem Interessenten ins Gespräch. Wir unterhielten uns übers Musik machen und es stellte sich heraus, dass er auflegware kannte und seine Tracks als Demos eingeschickt hatte. Was soll ich sagen? Die Welt ist ein Dorf!

Wo seht ihr das Netlabel in der Zukunft?

Dierk: Mit auflegware wollen wir eines der amtlichen Netlabels etablieren. Manche sagen das sind wir schon, aber ich finde wir sind noch nicht angekommen. Außerdem suchen wir immer noch nach einer idealen Finanzierung, um das ganze auch für kleine Künstler interessanter zu machen. Warum sollen Netlabel-Releases, die 20.000 Nutzer ansprechen, nicht interessant für die Werbeindustrie sein und warum soll das nicht dem Künstler zugute kommen?

Janko: Ganz wichtig ist hierbei die Art und Weise. Es ist ein schmaler Grat zwischen den Situationen „das Label zu verramschen“ und „der kommerzielle Erfolg“. Wir gehen unseren Weg und dass der nicht einfach wird, ist uns beiden klar.

Danke für das Interview!

Zur Website von www.auflegware.de

Harte Fakten

  • Netlabel: auflegware
  • Gegründet: September 2006
  • Releases: 40
  • Künstler: ca 25
  • Musikformat(e): mp3
  • Gründer: Janko Sebök (Hamburg) & Dierk John (Weimar)
  • Musikstyle: House, Tech-House, Experimentell
  • URL: www.auflegware.de
  • Stand: 01.11.2010

Hörempfehlung von auflegware

Welches Album/EP würden Janko und Dierk empfehlen?

Die “Retrospektiv EP” von Ryko ist die aus meiner Sicht stärkste EP von auflegware. Und sie repräsentiert auch den auflegware Sound am besten: deep, melodisch, tanzbar und elektronisch.

MP3 Runterladen & Anhören

Ryko - “Swimming_Places”

Ryko - “I Shall Resign”

Ryko - “Hilo”

Ryko - “Gone”

Ryko - “Swimming Places Patryk Molinaris (Re-Edit)

Download: “Retrospektiv EP” von Ryko (ZIP)\

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