Interview › Interview mit Netlabel Subsource
Interview › Interview mit Netlabel Subsource
Während viele alte Netlabels, die ihre Aktivitäten eingestellt haben, im digitalen Nirvana verschwunden sind, sorgt Dirk Murschall aka [in]anace dafür, das der kleine Meilenstein der Netzkultur nach wie vor, zu sehen und hören ist. Das folgende Interview stammt aus der Blütezeit von Subsource und seinem damals enthusiastischen Label-Kopf. Veröffentlicht wurde es 26.03.03 auf Phlow.
“Ich mag Netzmusik, weil ich die Idee mag, Musik von Künstlern, ohne Umwege Menschen zur Verfügung zu stellen, die Lust auf Musikhören haben.”
Mit Engagement, unnachgiebigem Fleiß und einem feinen Händchen für Musik und Design arbeitet Dirk Murschall alias [in]anace gemeinsam mit geistesverwandten Künstlern in einem Netzwerk an einer Vision: freie elektronische Musik für jeder Mann/Frau. Phlow führte mit Netlabel-Betreiber von Subsource ein Email-Interview von Bildschirm zu Bildschirm.
[in]anace: Hallo, mein Name ist Dirk Murschall, ich bin 25 Jahre alt, wurde in Hannover geboren, lebe mittlerweile in Nürnberg und arbeite als Informationsmanager für einen hier in der Region überall anzutreffenden Konzern.
Genau kann ich mich an die Entstehung des Namens nicht mehr erinnern. Ich weiss nur so viel: Ich benötigte ein Pseudonym für das Internet und um mir was einfallen zu lassen schaute ich in meinem Zimmer umher. Mein Blick blieb an einem Tresor Berlin Poster hängen, ich betrachtete es und mir viel der Name ein. Die Klammern kamen als optischer Gag dazu. Ich hab damals nicht gedacht, dass es der Name mal ins reelle Leben schaffen würde, aber ich mochte ihn spätestens nach dem Zeitpunkt wo jemand zu mir sagte, dass er den Namen mag, weil die Zunge so schön beim aussprechen schwingt.
Diese Frage kann ich so genau nicht beantworten. Es macht natürlich Spaß, auch wenn ich nicht mehr die Zeit habe mich um alle Webprojekte (auf der musikalischen Seite sind das subsource.de, octagone.net und nubiproof.net) zu kümmern. Der Drang ‘was zu machen kam viel von der (Netz-)Freundschaft zu Martin Wisniowski (2063music.de, phlow.net, octgn, nubi) und die tief in die Nacht gehenden Chats über Hörkunst, Musik- und Netzkultur mit ihm. Wir haben uns ein ideelles Gerüst geschaffen, welches sich in unseren Netzprojekten manifestiert hat. Wir haben uns im Internet getroffen, über das Internet kennen gelernt, über das Internet philosophiert, mit vielen anderen Teilen des Internets kommuniziert und dann selber Internet gemacht.
Warum sollte ich mich nur in meinem eigenen Garten bewegen? Wenn ich die Möglichlkeit habe an anderen tollen Ideen mitzuwirken dann nutze ich solch eine Chance.
Subsource hat keinen Geburtstag. Noch bevor es Subsource gab, hatte ich einige mp3s von mir auf meiner privaten Webseite, nur um sie im Internet zu haben. Ich hatte ein paar Freunde, die selber etwas Musik machten und wir dümpelten so vor uns hin. Martin zeigte mir Monotonik und damit das erste Weblabel das ich kannte. Ich war begeistert von der Musik, der Idee und einfach, weil es sowas gibt. Das muss so 1999 gewesen sein.
Etwas später war dann die Idee zum eigenen Weblabel da. Ich sammelte einige mp3s von Leuten, um mich herum zusammen und stellte sie in Internet. Die erste Zeit kam die Musik nur aus meinem Bekanntenkreis. Als ich Hobbymusiker in Chats traf fragte ich sie, ob sie nicht Lust hätten ihre Musik auf Subsource auszustellen. Es klappte und die bunte Mischung elektronischer Musik wurde immer größer. Subsource wurde bekannter und fast immer pünklich zum Anfang eines Jahres änderte sich das Gesicht und die Ideologie der Seite. Sie hat sich somit von einer fixen Idee zu einem Projekt gewandelt, dass ich mit mittlerweile mit großem Bewusstsein betreibe.
Am Anfang waren es wie schon gesagt Freunde und Bekannte, die Musik “spendierten”. Dann bin ich selber auf die Pirsch nach Musikern gegangen, die Lust hatten was ins Netz zu stellen. Viele Kontakte kamen dann durch Soulseek zustande. Mittlerweile bekomme ich Mails von Interessierten die mir auch per Post Demo-Material zuschicken.
Ich habe mich schon einige Male gefragt, wieso man meine Netzaktivitäten als rege bezeichnet. So viel ist das gar nicht bzw. kommt mir nicht so viel vor. Ich arbeite und mein Hobby ist das Internet, mit all seinen Ideen und der Kultur die dadurch entstanden ist. Es gab allerdings vor über einem Jahr eine Zeit (über ein halbes Jahr) in der ich zwar bezahlt wurde, aber aufgrund von Auftragsmangel kaum eingesetzt werden konnte. Ich musste viel zu Hause bleiben, allerdings immer mit offenen Ohren, weil jeden Moment das Handy mit einem Auftrag klingeln konnte. Es klingelte nicht und ich verbrachte die Zeit vor’m Computer. Ich ging dann von Hannover nach Nürnberg und nun klingelt hier mein Telefon öfter, aber trotzdem nehme ich mir die Zeit, die das Internet von mir braucht.
Ich trage meine mp3-Mischmaschine in unregelmässigen Abständen auch in Clubs und Partyzelte und seit ich hier in Nürnberg bin auch in den lokalen Radiosender. Zudem beginne ich gerade in einer Keller-Lounge-Kicker-Bar in meiner Nachbarschaft regelmässig mit dem Laptop Musik zu mixen. Im Radio und auf Soubsource spiele ich ausschliesslich Netzmusik. Auf Parties und in der Bar weiche ich auf Hardware-Musik aus, schon alleine aus dem Grund weil ich sonst nicht genug Musik zum spielen hätte.
Ja, definitiv. Das die Musik im Netz für jeden verfügbar ist heisst noch lange nicht, dass sie jeder hat und kennt. Ich mag Netzmusik, weil ich die Idee mag Musik von Leuten die Lust auf Musik machen haben, ohne Umwege Leuten zur Verfügung zu stellen, die Lust auf Musik hören haben. Ich hab’ mal Feedback vom badloop (kahvi.org) bekommen, weil ich seinen Song “Lumme” in einem meiner Subsource-Mixe gespielt habe. Er meinte, dass er viele Mails von Leuten bekommen hat, die den Song durch meinen Mix kennen gelernt haben und ihn saugeil finden. . .. Deswegen mache ich das.
Musik machen hab ich aufgegeben, weil ich mich verloren hab und weil ich mit meiner Musik nicht mehr zufrieden war. Ich hab gemerkt, dass ich mit meinen Fotos Subsource besser unterstützen kann als mit meiner Musik. Die Frage nach der Art Selbstfindung ist von Dir gut beobachtet. In der Tat bin ich mir nicht sicher wo das alles hinführen wird. Auch ändern sich die Webprojekte immer je nach Erfahrungs- und Wissensstand. Ich habe mir keine festen Regeln und kein Konzept gemacht. Solange es mir gefällt wie es ist, lasse ich es so, ansonsten wird etwas geändert.
Mein erster Traum rund um Subsource ist schon in Erfüllung gegangen: Ein Review über ein Release in der de:Bug. Das war schön, aber im Grunde nicht wichtig. Ziele habe ich mir keine gesteckt, aber ich möchte das Subsource wirkt, das es Zugang zu Musik vermittelt und das es ein Anlaufpunkt für Musik- und Netzkultur ist.
Es ist aber immer ein Spiegel meines subjektiven Eindrucks dieser Kultur. Subsource ist damit formbar und auch nur ein kleiner Punkt in dieser facettenreichen Netzwelt. Aber vielleicht erinnert sich ja mal jemand an die Seite in ein paar Jahren…