Jahtari.org – Push up your Lighta for Digital-Laptop-Reggae

Interview › Interview mit Netlabel Jahtari

Jahtari.org – Push up your Lighta for Digital-Laptop-Reggae

Das Jahtari-Netlabel gehört zu den Entdeckungen des Jahr 2005. Mit eigener Sound-Signatur samt charmant gepflegtem 8-Bit-Charme streichen hier Musiker mit Niveau alte Riddims neu an.

Das Jahtari-Netlabel gehört zu den Entdeckungen des Jahr 2005. Mit eigener Sound-Signatur samt charmant gepflegtem 8-Bit-Charme streichen hier Musiker mit Niveau alte Riddims neu an. Mit eigenwilligem Volkscomputer-Swing lassen Disrupt & Co. alte Spieleklassiker wieder aufleben und rollen uns ausgehend von ihrer humorvollen Website eine ganz persönliche Ladung Dub-Reggae vor die Füsse. Frei Haus natürlich, ganz im Sinne der Netlabel-Philosophie.

Das wunderbare am Internet ist die Möglichkeit aus einer kleinen Idee etwas Großes zu machen. Natürlich ist das auch in anderen Lebensbereichen möglich. Aber nirgends lässt es sich gefahrloser Experimentieren als im WWW. Dabei ist das finanzielle Risiko gering, das potentielle Publikum millionenschwer und wenn man keine Lust mehr hat, zieht man einfach den Stecker und tut so, als ob nichts geschehen wäre.

Auch das Netlabel Jahtari.org ist auf eine wundersam-experimentelle Weise entstanden. Angefangen hat es mit einem Release auf dem Dresdner Netlabel Phonocake.org. Denn dort veröffentlichte Jan aka Disrupt seine erste Netaudio-EP „A fistful of Dub“. Selbst vollkommen überrascht vom worldwide Erfolg, gährte alsbald die Idee eines eigenen Netlabels, dass sich vollkommen auf Dub-Reggae spezialisieren sollte. Und weil Nischen etwas wunderbares sind, stanzte er gemeinsam mit seinem Label-Partner Christoph noch ein eigenes Genre aus dem Boden: Digital Laptop Reggae.

Ein wenig Jahtari-History

Wer den Begriff „Digital Laptop Reggae“ das erste Mal liest, der kratzt sich wohl schmunzelnd am Kopf und denkt, was soll denn bitteschön das? Wer dann das Bisschen Skepsis überwindet und seinen Browser in Richtung der Domain navigiert, der begreift ganz schnell: hier sind humorvoll-ernste Musikfans am Werk, die sich kein eigenes Genre-Logo ausgraben müssen, um anders zu sein, sondern artig Musikgeschichte studiert haben. Das zeigt alleine schon die Tatsache, dass das Label selbst eine eigene Magazin-Abteilung besitzt. Hier genießen wir nicht nur Reggae-Musik-Nachhilfeunterricht, sondern werden unter anderem in das Erbe der 8-Bit-Generation eingeweiht. Der Musikcomputerchip SID lässt grüßen.

Kein Wunder also, das wir schon am Website-Eingang gebeten wurden, doch bitte den geigneten C64er-Font herunterzuladen. Denn erst mit dem Pixel-Font entblößt sich der wahre 8-Bit-Charme des Internet-Auftritts. Folgerichtig durchzieht sodann das Thema 8-Bit sämtliche Seiten bis hin zu den eigentlichen Sounds…

Musik und so…

Als Musiker hat Jan eine ausführliche elektronische Bildung genossen. Angefangen bei Gabba über Minimalismus, durch die Täler von Noise bis hin zu flitzenden Drum’n’Bass-Beats plus Bass satt, hat es ihn schließlich in das gemächliche Land des Dub gespült. Dabei ist ihm seine langjährige Liebe zur kratzigen 8-Bit-Musik, seine erste Begegnung zur Elektronik auf dem alten Volkscomputer Commodore 64, nie abhanden gekommen. Dieser Sound lebt heute förmlich in seinen Riddims wieder auf.

Teil seines Erfolges als Disrupt basiert wohl auch auf der eigenwilligen Idee tiefsitzende Basslinien mit fiepsigen melodischen Sounds zu verschmelzen. Der Vorzeige-Track des sympathisch-relaxten Leipzigers ist in erster Linie wohl der Remix des Beat’em-Up-Klassikers International Karate. Auch wenn das wohl erst einmal etwas käsig beim Lesen klingt, so wuchten die Riddims und unverkennbaren Melodien einem jedoch schnell ein dickes Grinsen ins Gesicht. Vor allem, weil der Sound rund, melodisch und sanft zurückgelehnt ist und jedes Chill-Out-Zelt genüßlich erdet.

Produziert wird dabei mit Ableton Live plus jeder Menge Freeware-Plugins, die den alten 8-Bit-Sound emulieren. Und hier rührt dann auch endgültig der eigene propagierte Label-Sound her. Digital Laptop Reggae ist nämlich nichts anderes als Dub Reggae gekocht auf reinen CPU-Prozessoren.

Vom Künstler zum Label

Jahtari ist jedoch kein Label für den Output eines Solo-Künstlers. Vielmehr wächst die kleine Leipziger Crew und schlägt ihre Wurzeln langsam in Skandinavien und Übersee. Dabei gilt das eigene Disrupt-8-Bit-Trademark nicht als Vorgabe für die anderen. Wichtig ist einzig der Bezug zu Reggae und der Liebe zum Echo. Das kultivieren vor allem die Dänen mit ihrem old-schooligen Space-Echo. Unter dem Pseudonym Bo Marley kutschierten die Jungs erst kürzlich per 80er-VW-Bus nach Leipzig und gaben in der Fussgängerzone einen fast schon legendären Live-Act. Nachdem das Equipment auf vier Rädern durch die Innenstadt an Ort und Stelle geschoben wurde, verzückten die Skandinavier die Shopping-Wilden mit der nötigen Portion Offbeat. Wie gut Bo Marley klingen lässt sich am wundersam dadaistischen Tune „Bauhelm“ hören. Zerplückte Verse treffen hier auf poppigen Fanfaren-Dub par exzellence. Listen up!

Die Zukunft liegt im Web, aber…

…auch in der schwarzen Rille. Selbstverständlich möchte Jan als Musikliebhaber auch eigenes Vinyl produzieren. Schließlich stammen von hier die Einflüsse und Wurzeln. Darum visieren die Labelheads in Zukunft auch Veröffentlichungen jenseits der virtuellen Welt an. Die Resonanz hat sie mutig gemacht. Obendrein produzieren die Musiker gerade auch ein Tribute-Album zur vielgeliebten Computerspiele-Triologie Monkey Island. Das die ersten unveröffentlichten Tracks schon ordentlich rocken, zeigte Disrupt bei seinem Live-Act auf dem kölschen Netaudio Gipfeltreffen, aber auch deutschlandweite Clubs bereist der Leipziger immer öfter. Somit sieht die Zukunft rosig aus, wir dürfen uns über weitere freie Veröffentlichungen freuen und eines ist schon jetzt sicher: Jahtari gehörte 2005 zu den beliebtesten Newcomer-Netlabels. Mal schauen, was 2006 so an exotischen Früchten in Leipzig wachsen.

Website: Jahtari.org

Harte Fakten

  • Netlabel: Jahtari
  • Gegründet: Nov 2004 (1. Release)
  • Releases:
    • 20 x NET 7”
    • 7 x NET EPs
    • 2 LPs
    • 4 CDs
    • 8 x 7” vinyl
    • 7 x 12” vinyl
    • 2 x Tapes
  • Künstler: 34
  • Musikformat(e): MP3, FLAC, Vinyl, CD, Kassette
  • Gründer: Jan Gleichmar, Christoph Röpke
  • Musikstyle: Reggae, Dub
  • URL: www.jahtari.org
  • Stand: 01.09.2010

MP3-Empfehlung

Bo Marley - “Bauhelm”

disrupt - “Bauhelm Dub”

Phlow Jahtari Mixtape

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